LICHT VON DIESER WELT

In Zusammenarbeit mit der KPM Berlin entwarf Mark Braun PLANETARIUM, eine Windlicht-Serie von geradezu überirdischer Schönheit. Ein interessanter Beitrag aus dem KPM Kundenmagazin WEISS No.4...

Es ist ungewöhnlich, ja: himmlisch leicht. Mark Braun nimmt das aus feinstem Biskuitporzellan gefertigte Windlicht in die Hand und streicht mit dem Finger über die samtene Oberfläche. Rundherum zieht sich eine goldene Linie, auf der ein Punkt sitzt. Das von Hand aufgetragene Dekor symbolisiert die Umlaufbahn der Himmelskörper, im Zentrum steht das Licht, die Sonne. Acht Planeten umkreisen sie, allen voran die Erde, eben jener Punkt. Am Boden des Windlichts ist handschriftlich die Kennung „365 T“ vermerkt – die Anzahl der Tage, die die Erde benötigt, um die Sonne einmal zu umrunden.

VIELSEITIGER MINIMALIST Unmittelbar nach seinem Studium gründete Mark Braun 2006 sein eigenes Designstudio. Der preisgekrönte Produktdesigner gestaltet Gläser, Uhren, Leuchten, Möbel – die Liste ist lang. Was alle Entwürfe eint: der Blick aufs Wesentliche.

Mark Braun hat das Windlicht, genauer gesagt: die Windlicht-Serie PLANETARIUM, für die KPM entworfen. Sie umfasst inzwischen nicht nur unseren Heimatplaneten, sondern auch Jupiter und Mars, bei denen die Größe der Punkte sowie die Anzahl der Umlauftage variieren. Merkur, Venus, Saturn, Uranus und Neptun werden folgen.

„Diese Kreislaufbewegung ist eine Metapher, die mir gut gefallen hat“, sagt der Designer beim Besuch in seinem Studio in Berlin-Alt-Treptow. „Im Zentrum steht das Licht, steht die Marke, alles dreht sich um die Manufaktur und ihre Produktionskreisläufe.“

Der lässig gekleidete Mittvierziger rückt sein Käppi zurecht. Spricht man mit dem preisgekrönten Produktdesigner über seine Entwürfe, betont er immer auch die wirtschaftliche Seite. Vielleicht liegt darin das Geheimnis seines Erfolgs. „Ich betrachte es als meine Aufgabe, die Potenziale eines Unternehmens mit meinen Produkten nach außen zu transportieren“, erklärt er. Es genüge nicht, nur ein guter Gestalter zu sein, ebenso zählten unternehmerisches und intellektuelles Wissen. Es genüge auch nicht, nur Handwerk und Talent mitzubringen, sondern man müsse auch gute Partner haben. Braun versucht, die Machbarkeit und die Produktionszwänge seiner Auftraggeber mitzudenken. Die Zusammenarbeit mit der KPM sei ein „perfektes Match“ – und die Windlicht-Serie ein „perfekter Markenbotschafter“ für die Manufaktur.

Denn hier treffen die hohe Qualität und Präzision im Umgang mit Porzellan auf zeitgenössisches Design. „Die KPM steht für viel Können und Geschichte. Sie ist ein Unternehmen, das in der Vergangenheit sehr progressiv war: etwa in der Bauhaus-Zeit mit Entwürfen von Trude Petri oder Marguerite Friedlaender“, sagt Braun. „Daran wollte ich andocken.“ Beim Windlicht PLANETARIUM folgt die Form der Funktion, es verbreitet in der Dunkelheit ein angenehmes, helles, windsicheres Licht. Bei Tag wiederum ist es schlicht und einfach ein schönes Designobjekt.

Mit Porzellan kennt sich Mark Braun aus. Während seines Studiums zum Industriedesigner auf der Kunsthochschule Burg Giebichenstein hat er intensiv mit dem „zickigen Material“ experimentiert. „Porzellan plus X“ lautete das Thema seiner Diplomarbeit. Darin beschäftigte er sich mit der Kontextualisierung des Werkstoffs in Bezug auf Bad- und Tischkultur. Braun kommt ins Schwärmen, wenn er sich zurückerinnert:„ In den Werkstätten in Halle hatte ich optimale Bedingungen, um Neues auszuprobieren.“

Die KPM Berlin ist ein Unternehmen, das bereits in der Vergangenheit sehr progressiv war.

Mit Arbeiten aus Porzellan startete er auch in sein Berufsleben: Für den Hersteller ASA Selection entwarf er ein Geschirr, sein erster großer kommerzieller Erfolg nach dem Studium. Zwar stand er bewusst nicht mit seinem Namen für das massentaugliche Service, aber der Auftrag gab ihm den nötigen finanziellen Spielraum, um im Anschluss seine eigenen Produkte voranzutreiben. 2006 machte er sich mit seinem eigenen Designstudio selbstständig und zog in ein Atelierhaus in Alt-Treptow, in dem sich bereits andere Künstler und Musiker einquartiert hatten. Eine inspirierende Atmosphäre für den Jungunternehmer, der sich dort ein Büro und eine Werkstatt einrichtete. Heute sind rund um den Altbau, der zu DDR-Zeiten die Schallplattenwerkstatt des Musiklabels Amiga beherbergte, neue Wohnbauten entstanden, sodass sein Büro samt Werkstatt versteckt im Hinterhof liegt. Dort beschäftigt er drei Mitarbeiter und erarbeitet im Team unterschiedliche Produkte aus allen erdenklichen Materialien.

Mark Braun ist gut im Geschäft und breit aufgestellt. Zu seinen Auftraggebern zählen heute namhafte Firmen wie Hartô, Conmoto, Lobmeyr, mono, e15, Otto Hutt oder Thonet, um nur einige zu nennen. Er entwirft Vasen, Glaskaraffen, Rasierer-Sets, Tischböcke, Bestecke, Sofas, Gartenliegen, Leuchten, Schmuck oder Uhren. Besonders glücklich ist er über das Design der Uhr „Metro“ für NOMOS Glashütte, seit Jahren ein Bestseller, den es inzwischen in 13 Ausführungen gibt. So unterschiedlich seine Produkte auch sind, alle Entwürfe tragen seine Handschrift. Sie sind durchdacht, minimalistisch und angenehm unaufdringlich. Zahlreiche seiner Arbeiten wurden mit renommierten Preisen ausgezeichnet wie dem iF Design Award, dem Red Dot Award oder dem German Design Award. Doch der Erfolg ist dem 45-Jährigen nicht zu Kopf gestiegen – er wirkt bescheiden, gelassen, ohne Allüren.

Die ästhetische Prägung hat er seiner Familie zu verdanken. Der Großvater war Architekt, die Großmutter Künstlerin. Sie besaßen ein Sommerhaus in Schweden: Auf dessen geschmackvolle Einrichtung legten sie großen Wert. Der junge Mark war umgeben von Designklassikern, darunter viele skandinavische Stücke, und lernte früh, gute Produkte wertzuschätzen. Dieses Gefühl für Design versucht der zweifache Familienvater heute auch seinen beiden Kindern zu vermitteln. „Es ist für Kinder eine wichtige Erfahrung, mit hochwertigen Produkten in Berührung zu kommen“, findet Braun. Er gibt seiner kleinen Tochter schon mal ein schönes Trinkglas in die Hand, auch wenn dabei vielleicht etwas zu Bruch gehen kann. Er lebt mit seiner Frau, der Grafikerin Anna Sartorius, und den Kindern in Kreuzberg. Hier ist der Wahlberliner angekommen. Die Stadt ist für ihn immer wieder aufs Neue inspirierend, weil Berlin sich stark im Wandel befindet. Auch die KPM Berlin ist ein Stück Berlin, das er schätzt. Die Manufaktur habe in der Vergangenheit immer eine „offene Tür“ für ihn gehabt – beste Bedingungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

 

Text: Heike Gläser