SIEGMUND SCHÜTZ, DER KPM ERNTEBECHER UND DAS KÖRPERBEWUSSTSEIN DER MODERNE

Auf der unglasierten Außenfläche ist eine Ernteszene zu sehen: Weibliche und männliche unbekleidete und in antike Gewänder gehüllten Figuren gehen ihrer Arbeit auf dem Kornfeld nach. Die besondere plastische Wirkung wird durch das Wechselspiel aus Licht und Schatten erzeugt. Das Motiv des ERNTEBECHERs ist geprägt vom klassizistischen Menschenbild und inspiriert von Elementen der griechischen Antike, aber auch ein Ausdruck des zu Lebzeiten Siegmund Schütz erstarkenden neuen Körperbewusstseins.

Die Reformbewegungen des frühen 20. Jahrhunderts verstanden sich als Reaktion auf die Folgen der Industrialisierung für den Menschen und seine Gesundheit. Sie propagierten die Rückkehr zu einer „naturgemäßen Lebensweise“ und verklärten das "einfache Leben“ auf dem Lande zum Ideal. Das Ziel der Körperkultur war es, unter dem Eindruck von Industrialisierung und Urbanisierung den Menschen zum Ausgleich Bewegung an der frischen Luft und Sonne zu verschaffen.

So verstanden auch die meisten Bauhäusler einen gesunden Körper als wichtigen Teil ihres neuen Lebensstils, und fingen an, Strukturen und Räume, Geräte und Möbel, Kunst und Design zu gestalten, die diesem entsprachen, ihn widerspiegelten und symbolisierten. Wie viele Ideen, die Anfang des 20. Jahrhunderts im Zusammenhang mit Reformbewegungen und Strömungen der Moderne bestanden, waren Hygiene und körperliches Wohlergehen ein erstrebenswerte Ziel elitärer Kreise und der Allgemeinheit.

Die besondere Haptik, Körperlichkeit und plastische Wirkung des ERNTEBECHERs faszinieren noch heute und machen ihn zu einem besonderen KPM-Klassiker.