SONNTAGSBLUES, ADE
Für die Titelgeschichte „Elefant im Porzellanladen“ brachte die Redaktion des SZ-Magazins den Hamburger Zeichner und Illustrator Stefan Marx im April 2017 mit der KPM zusammen. Stefan Marx inszeniert seine bekannten „Sundaayyyssss“-Motive auch auf Kaffeetassen, Mokkakannen und Keksdosen der KPM Berlin. Heike Glaser hat Stefan Marx für das KPM Kundenmagazin WEISS interviewt.
Der Suppenterrine aus dem traditionsreichen KURLAND Service mit seiner typischen Reliefkante verpasste der junge Zeichner ein zeitgemäßes Design. Um den KPM Klassiker zu verzieren, verbrachte Marx damals einen Tag in der Malerei der Manufaktur. Eine Begegnung, die beide Seiten glücklich machte. Sie markiert den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen der Traditionsmarke und dem Graffiti-Künstler. Der Mann, der als Street-Artist begann und dessen Werke heute in Galerien von Düsseldorf über New York bis Tokio hängen. Stefan Marx hat T-Shirts, Skateboards oder Plattencover gestaltet und zeichnet, wenn gewünscht, auch mal ein Tattoo auf die Haut. Jetzt hat der 39-Jährige das Porzellan als Oberfläche für sich entdeckt und die Zusammenarbeit mit dem Berliner Traditionsunternehmen im Rahmen der Edition KPM+ fortgesetzt.
Matthias Dotschko, Bereichsleiter der KPM Malerei, hatte die Idee gehabt, den Hamburger Zeichner für das SZ-Projekt einzuladen, damit man sich persönlich kennenlernt. Er und sein Team waren fasziniert von der Schnelligkeit, mit der Stefan Marx seine Zeichnungen ausführt, und davon, wie gekonnt er die sehr spezielle Maltechnik mit Pigmenten und Terpentinölen umsetzt. Nun kommt Stefan Marx regelmäßig in die Manufaktur und bemalt vorbestellte Stücke von Hand.
Herr Marx, wie war Ihr erster Besuch in der KPM Malerei?
Ich wurde mit offenen Armen empfangen und durfte alles fragen. Der Spirit unter den Mitarbeitern ist ganz toll. Die Porzellanmalerin Astrid Schulz wurde meine Tutorin und
Betreuerin, sie ist eine Meistermalerin. Dann habe ich einen kleinen Grundkurs bekommen – mit welchen Werkzeugen Porzellan zu bemalen und zu bezeichnen ist, was die Farbe ausmacht und was für Eigenschaften dieses besondere Material hat.
Haben Sie schon einmal vorher auf Porzellan gemalt oder gezeichnet?
Nein, das war totales Neuland für mich. Ich hatte mal Erfahrung mit Keramik gemacht, aber das ist ein ganz anderer Schnack. Porzellanmaler ist ja ein eigener Ausbildungsberuf, das ist nicht so leicht von heute auf morgen zu lernen. Das ganze Handwerkliche an der Porzellanmalerei finde ich wahnsinnig faszinierend – da kann man ganz viele Fehler machen.
Zum Beispiel?
Porzellan, das handbemalt wird, hat die Eigenschaft, dass es hochglänzend ist, die Farbe wird auf der Oberfläche nicht aufgesaugt, sie trocknet nicht in das Material ein. Man kann sie auch wieder wegwischen. Wenn man unachtsam ist und in die Zeichnung reingreift, dann ist sie zerstört. Es gibt also einige Fettnäpfchen – im wahrsten Sinne des Wortes, weil die Farbe sehr fett- oder ölhaltig ist.
Hat die Form Sie zu einer bestimmten Zeichnung inspiriert?
Ich wollte Zeichnungen, die mir vertraut sind, auf die Oberfläche von KPM Porzellan bringen. Die Werkzeuge sind etwas anders – jetzt verwende ich eine Ziehfeder, auch einen Tuschestift, damit kann ich meinen Strich gut unterbringen.
Und wie kam das junge Gemüse auf die KURLAND Suppenterrine?
Ich habe das Eintopf-Thema extrem ausgereizt und mich für sehr witzige Figuren mit dem jungen Gemüse entschieden. Das war auch so gewollt. Alles etwas überspitzt gezeichnet, ein medialer Hingucker. Nach meinem eintägigen Aufenthalt hat Astrid Schulz mir noch eine Vergoldung an diversen Stellen angeboten – und so ist das eine kleine Zusammenarbeit geworden. Hier prallt Tradition auf das Jahr 2017.
Und nun geht die Zusammenarbeit mit der KPM weiter. Was für eine Idee steckt hinter der aktuellen Kollektion?
Es gibt ja dieses sehr hochwertige Porzellan, das man nur sonntags aus dem Schrank holt. Man kennt das aus gewissen gesellschaftlichen Kreisen. Da kam mir der Gedanke, dass ich
meine Sundaayyyssss-Zeichnungen wahnsinnig gut auf das URBINO Service transformieren ließen.
Was gefällt Ihnen an dem Service URBINO?
Ich bin ein großer Bauhaus-Fan. URBINO ist ein Service, auf dem ich meine Zeichnung sehe. Das Porzellan nimmt sich so sehr zurück, um meinen Zeichnungen Raum zu geben. Im Gegensatz zur KURLAND Terrine schaue ich mir jetzt das gesamte Service an, mit dem Ziel, es auch in gleichbleibender Qualität zu bezeichnen – und jedes Teil wird ein Unikat.
Was hätte wohl Trude Petri, die Schöpferin des URBINO Designs, dazu gesagt?
Ich denke, sie wäre hocherfreut gewesen. Zumindest wäre ich von ihr sicher auch mit offenen Armen und einer gewissen Neugier empfangen worden.
Mit Ihnen trifft Popkultur auf eine Traditionsmarke. Ist das ein Weg, um das Kulturgut ins 21. Jahrhundert zu führen?
Ja, zumindest macht man eine Tür auf. Man nimmt ja nichts weg, sondern fügt etwas hinzu. Dann bekommt es eine ganz neue Facette. Die Idee, das ganze URBINO Service als Sundaayyyssss-Service zu releasen, wird auch meine Generation ansprechen, da habe ich keine Bedenken.
Text: Heike Glaser
Bilder: Gene Glover